Aktuelles

Mikrofretting an elektrischen Kontakten beherrschen

05.03.2024

© Fraunhofer IWM
Abb.: Aufbau des Mikrofrettingtesters mit Kraftaufnehmer und Piezotisch. Das Diagramm zeigt einen beispielhaften Hysteresenverlauf.

Dr. Dominic Linsler

Elektrische Kontakte werden durch Schwingungen einer tribologischen Belastung (Fretting) ausgesetzt. Um das Verhalten von Kontakten zu verstehen und die Lebensdauer zu verbessern, ist es wichtig, die tribologischen Vorgänge in einem bauteilnahen Test zu untersuchen. Am MikroTribologie Centrum µTC wurde ein Nanoindenter mit einem piezoelektrischen Positionierer ergänzt, um die Kontaktbeanspruchung im Kraftbereich der realen Anwendung nachzustellen. Der Nanoindenter ermöglicht lastkontrollierte Versuche im Bereich von 10 Millinewton bis zu mehreren Newton und dient als Mikrofrettingtester. Der Testaufbau erlaubt es, das Kontaktaussehen aus der realen Anwendung mit realistischer Normalkraft und kleinsten lateralen Bewegungen im Mikrometerbereich zu reproduzieren. Die Lateralkraftverläufe geben Aufschluss über die Vorgänge und Veränderungen im Kontakt. So können Schlüsse auf einen stabilen Zustand des elektrischen Kontakts oder aber auch auf Degradationsmechanismen gezogen werden. Die Analyse von Einflussgrößen wie Schichthärte, Kontaktmaterial und -aufbau auf die Ausbildung des sogenannten »dritten Körpers« und damit letztendlich auf die Haltbarkeit des Steckkontakts wird mit analytischen Methoden wie Ionenfeinstrahl- und Rasterelektronenmikroskopie und klassischer Nanoindentation durchgeführt. Die Verknüpfung tribologischer Experimente bei kleinen Kräften und Wegen in Kombination mit der Analyse dieser tribologischen Kontakte ermöglicht gezielte Maßnahmen zur Erhöhung von Lebensdauer und Zuverlässigkeit der elektrischen Kontakte.

Elektrische Kontakte sind teilweise geschmiert. Die Schmierstoffe sind typischerweise PFPE-basiert. Mittelfristig kann die Verfügbarkeit dieser Schmierstoffe für Steckkontakte eingeschränkt sein. Die vorgestellte Methode bietet die Möglichkeit, alternative Schmierstoffe oder Beschichtungen systemnah und quantitativ zu charakterisieren und so auf den Wegfall der fluorierten Chemikalien zu reagieren.

 

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Das kratzt mich nicht!

29.02.2024

© Fraunhofer IWM
Abb.: Beispiel eines Scratch Tests. Oben gezeigt ist die Lichtmikroskopaufnahme des Scratches, darunter die gemessene Eindringtiefe (blau) und die Querkraft (magenta).

Alexander Fromm

Funktionale und tribologische Beschichtungen müssen i.d.R. eine Vielzahl von Anforderungen erfüllen, wie z.B. Überrollfestigkeit, Korrosionsstabilität, Temperaturwechsellastbeständigkeit, etc. Grundvoraussetzung dafür ist immer eine gute Anbindung der Schicht zum Substrat, i.e. eine gute Schichthaftung. Diese jedoch in einem industrietauglichen Verfahren zu charakterisieren und zu bewerten ist nicht immer trivial. Gängige Prüfungen wie Kugeleindruck, Kreuzschnittverfahren oder Scotch-Tape-Test haben alle ihre Daseinsberechtigung, aber gerade bei dünnen Schichten auch ihre Schwächen.

Der neue Nano Scratch Tester, wie er am MikroTribologie Centrum µTC seit wenigen Monaten zur Verfügung steht, eignet sich auf Grund seiner feinen Kraft- und Tiefenauflösung hervorragend, um eine Schichtentwicklung zu begleiten und die Wirkung verschiedener Vorbehandlungsmethoden auf Schichthaftung und spätere Schichtperformance vergleichend bewerten zu können. Dazu wird mit einer Diamantspitze mit einem typischen Radius von 5 µm linear über die zu prüfende Schichtoberfläche geritzt und dabei die Last ebenfalls linear bis zu einer Maximalkraft von bis zu 1000 mN erhöht. Für sehr dünne Schichten steht nun auch ein High-Sensitivity-Mode von 1 mN – 10 mN zur Verfügung. Dabei können mit nm-Auflösung die Eindringtiefe, die verbleibende Eindringtiefe, die Querkraft (~Reibwert) und mit dem Ritzbild synchronisierte, lichtmikroskopische Analysen herangezogen werden, um jeweils schichtspezifische, kritische Kräfte zu definieren. 

Dazu werden Schichtschädigungen wie Einbrüche und Delaminationen, beginnende Rissbildung aber auch abrupte Anstiege im Querkraftsignal herangezogen. Damit kann der Einfluss von Reinigungsverfahren auf die Schichthaftung ebenso untersucht werden, wie eine Alterung der Schicht, z.B. nach einer Auslagerung, und die damit verbundenen Änderungen der Schicht. Zusätzliche elektronenmikroskopische Analysen und begleitende FE-Simulationen erlauben weitergehende Interpretationen zum Versagensmechanismus wie Kohäsivversagen vs. Adhäsivversagen o.ä. Dabei bringt das MikroTribologie Centrum µTC seine gesamte Erfahrung zu Beschichtungsverfahren, Materialverhalten und Bruchmechanik mit ein.

Bei besonders dicken Schichten oder Schichten mit bereits sehr guter Haftung und Beständigkeit kann am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM darüber hinaus zur Steigerung der Selektivität ein Scanning Scratch Test durchgeführt werden, bei dem der Ritznadel eine zusätzliche, laterale Schwingung überlagert wird. Dies verlängert den Ritzweg und steigert die Auflösung der Methode.

Der Scratch Test wird am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM nicht nur begleitend für eigene Schichtentwicklungen angewendet, die Gruppe »Tribologische und funktionale Schichtsysteme« bietet dies bereits seit vielen Jahren auch für Industriekunden als Dienstleistung an. Für z.B. Qualitätssicherungsmaßnahmen ist die Methode hervorragend geeignet. Sie ist bereits für mehrere Anwendungen in der Praxis erprobt und wird bei Kooperationspartnern für Ausgangskontrollen ihrer Produkte eingesetzt. 

 

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Ein tiefer Blick ins Plasma

22.02.2024

Alexander Fromm

Für die Elektronik, Sensorik und Medizintechnik sowie für spezielle Anwendungen in der Tribologie und für den Korrosionsschutz werden dünne, isolierende Beschichtungen benötigt. Diese werden i.d.R. über plasmabasierte PVD-Prozesse wie Magnetronsputtern aufgebracht. Dabei wird meist ein metallisches Target in einer Reaktivgasatmosphäre atomar zerstäubt. Die Prozesse beinhalten dabei in der Regel eine HF- oder MF-Anregung des Plasmas (Hochfrequenz bzw. Mittelfrequenz). Mit HF-Sputtern werden allerdings oftmals unterstöchiometrische Schichten mit einer prozessbedingten, aber unerwünschten Restporosität abgeschieden.

Vor etwa 25 Jahren wurde erstmals HiPIMS (engl. high power impulse magnetron sputtering) beschrieben. HiPIMS-Sputtern stellt eine Weiterentwicklung der gepulsten Gleichspannung (MF) dar, mit dem Ziel, durch hohe Leistungspulse Plasmen mit einer sehr hohen Dichte und hohem Ionisationsgrad zu erzeugen. Durch den hohen Ionisierungsgrad bietet HiPIMS-Sputtern so die Möglichkeit, die kinetische Energie der gesputterten Teilchen mit Hilfe elektrischer Felder zu manipulieren. Zusammen mit den bereits höheren mittleren kinetischen Energien der gesputterten Teilchen ergeben sich signifikante Vorteile gegenüber konventionellen Sputterverfahren, wie etwa die Erzeugung von Schichten mit hoher Adhäsion und Dichte. Im Vergleich zur konventionellen Abscheidung mit HF sind zudem häufig niedrigere Abscheidetemperaturen zum Erreichen ausgewählter Schichtmikrostrukturen und Kristallmodifikationen realisierbar. Bestimmte gehärtete Stähle können so z.B. erstmals beschichtet werden. Allerdings sind die Abscheideraten niedriger als bei einem HF- oder DC-Prozess gleicher mittlerer Leistung und auch die Prozessstabilisierung ist durch die hohen Peakströme und kurzen Pulsdauern nicht trivial – es kommt oftmals zu elektrischen Überschlägen (Arcing) zwischen isolierenden Bereichen auf dem Target oder sogar zwischen Target und Substrat. Dies führt zu einer sogenannten Dropletbildung, ähnlich wie bei Arc-Verfahren für die Erzeugung teilamorpher Kohlenstoffschichten (ta-C). Die erreichbare Schichtqualität wird so erheblich gemindert. Daher wird in der Literatur diskutiert, HiPIMS im hybriden Prozess mit anderen Abscheidemethoden zu kombinieren, um eine Erhöhung der Abscheiderate und Stabilisierung des Prozesses zu gewährleisten. Dabei wurde beispielsweise schon HiPIMS mit einer Mittelfrequenzanregung (MF) kombiniert.

Durch die gemeinsame Entwicklung mit der MELEC GmbH im Rahmen des ZIM-Projektes »HErO – Hybrides HiPIMS/HF-Sputterverfahren zur wirtschaftlichen Erzeugung kompakter Oxidschichten« ist es nun erstmals gelungen, einen hybriden Prozess mit gleichzeitiger HF- und HiPIMS-Anregung zu realisieren. Dabei ist es möglich, die HF-Anregung sowohl kontinuierlich zu betreiben, als auch mit der HiPIMS-Anregung zu synchronisieren, so dass z.B. die HF nur während den Off-Zeiten der HiPIMS-Anregung wirksam ist. 

Im Videoclip wird eindrücklich gezeigt, wie der hybride Betrieb die Plasmabedingungen stabilisiert und störendes Arcing unterdrückt.

Biologisch inspirierte, umweltfreundliche Schmierstoffe auf Wasserbasis

19.12.2023

© Fraunhofer IWM
Abb. 1a: Schneckengetriebe: Vergleich eines polyglykolbasierten (GH6-460) und eines wasserbasierten Schmierstoffs
© Fraunhofer IWM
Abb. 1b: Gleitlager: Vergleich eines Referenzsystems (Stahl/Öl) mit einem wasserbasierten Schmierstoff mit Hydrogel

Dr. Tobias Amann, Dr. Andreas Kailer

Reibung und Verschleiß verursachen weltweit Kosten von 250 Milliarden Euro und Emissionen von 8 120 Megatonnen CO2 im Jahr. Nach heutigem Stand der Technik werden spezielle, auf die jeweiligen Anforderungen abgestimmte Schmierstoffe auf Mineralölbasis eingesetzt. Schmierstoffe können darüber hinaus zusätzlich gesundheitsschädliche Substanzen beinhalten und werden oft nicht fachgerecht entsorgt. Die Forschung des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM hat zum Ziel, bestimmte Schmierstoffe auf Mineralölbasis durch wasserbasierte Schmierstoffe zu substituieren. Im Fokus stehen Gleitlager und Getriebe, da diese in vielen technischen Anwendungen (z.B. Elektromotoren, Feinwerktechnik) eingesetzt werden. Die Nachteile von Wasser als Schmierstoff bestehen in der geringen Viskosität, der hohen Korrosivität und im Verdunstungsverhalten. Um aus Wasser einen einsatzfähigen Schmierstoff zu generieren, wurden spezielle oberflächenaktive Substanzen identifiziert, die sich als Additiv im Wasser eignen (ionische Flüssigkeiten, lyotrope Flüssigkristalle).

Wasserschmierung in Getrieben: Im öffentlich geförderten ZIM-Projekt „HydroLube“ werden zusammen mit der Firma Jost Chemicals wasserbasierte Schmierstoffe für Schneckengetriebe entwickelt. Nach der Identifikation vielversprechender Substanzen und Additive konnten mehrere wasserbasierte Modellschmierstoffe mit der Zielviskosität von 460 mm2/s bei 40 °C hergestellt werden. Durch die Kombination von Modellreibversuchen und analytischen Methoden wurde ein Schmierstoffprototyp ausgewählt, der anwendungsnah in einem Schneckengetriebe untersucht wurde. Dazu wurde am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM ein Schneckengetriebeprüfstand aufgebaut. Über eine Laufzeit von 500 Stunden (ca. 10 % der Lebensdauer des Schneckengetriebes) wurde mit dem wasserbasierten Schmierstoff ein vergleichbarer Wirkungsgrad wie mit einem kommerziell erhältlichen Getriebeschmierstoff erzielt (siehe Abb. 1a).

Wasserschmierung in Gleitlagern: Im öffentlich geförderten BMBF-Projekt „HydroSyn“ wurden zusammen mit der Universität Freiburg (IMTEK) und der Firma Dr. Tillwich GmbH Werner Stehr wasserbasierte Schmierstoffe für Gleitlager untersucht. Am IMTEK wurden spezielle Hydrogele hergestellt, die auf Polymeren und DLC-Schichten (diamond-like coating) photochemisch kovalent (CHic-Reaktion) angebunden werden können. Durch die zusätzliche Entwicklung eines wasserbasierten Schmierstoffs mit angepasster Viskosität und spezieller Additivierung konnten bei Gleitlagerversuchen niedrigere Reibwerte als mit einem Referenzsystem erzielt werden (siehe Abb. 1b).

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Clean Hydrogen Convention 2023

11.12.2023

© Fraunhofer IWM
Abb.: Gemeinschaftsstand der EFDS auf der CHC 2023 in Dresden

Am 25. und 26. Oktober 2023 brachten der Veranstalter HZwo e.V. und Energy Saxony als Energie-Cluster für Sachsen in Dresden Beteiligte aus Wirtschaft, Forschung und Politik im Rahmen der Clean Hydrogen Convention zusammen. Neben dem Kongress, bei welchem die politischen Rahmenbedingungen für eine Wasserstoffinfrastruktur diskutiert wurden, fand eine Begleitmesse mit Vorträgen statt, welche Unternehmen, Startups, Forschungsinstituten und Netzwerken eine Plattform bot. Mit 35 Vorträgen und über 70 Ausstellern wurden viele technische Lösungen, Entwicklungen und Projekte für den Wasserstoffsektor – insbesondere im Bereich der Brennstoffzellen, Elektrolyseure und der dazu notwendigen Messtechnik – vorgestellt.

Das MikroTribologie Centrum µTC beteiligte sich zusammen mit den Firmen robeko, FHR, Hiden und Antacon an einem Gemeinschaftsstand der EFDS (Europäische Forschungsgesellschaft Dünne Schichten e.V.). Mit der Präsentation unserer Wasserstoffaktivitäten auf der NOW-Bühne (Nationale Organisation Wasserstoff und Brennstoffzellentechnologie) sowie durch direkte Gespräche mit Interessenten am Stand konnten viele wertvolle Kontakte geknüpft und Informationen gesammelt werden. Der Bedarf und das Interesse an Barriereschichten gegenüber Wasserstoffeindiffusion sind weiterhin groß und die Auswirkungen der Materialdegradation noch nicht in allen Anwendungen geklärt.

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Auszeichnung für Innovation zur Detektion von PFAS-Verbindungen

04.12.2023

© Jürgen Scheere/JENOPTIK
Abb.: Prof. Dr. Matthias Scherge und Olaf Mollenhauer, Geschäftsführer der Kompass GmbH, gemeinsam mit der Laudatorin Frau Dr. Daniela Späth-Zöllner.

Prof. Dr. Matthias Scherge

Der Einsatz von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) ist längst nicht nur umstritten, sondern steht vor einem möglichen EU-weiten Verbot. Die damit einhergehenden Herausforderungen für Hersteller, die darauf angewiesen sein werden, Chemikalien zukünftig aufwändig zu prüfen, sind vielschichtig. In einer Kooperation zwischen dem MikroTribologie Centrum µTC und dem Thüringer Startup Kompass GmbH wurde nun ein innovatives Messsystem entwickelt, das bisherige Geräte zur Detektion von PFAS-Verbindungen in Handlichkeit, Flexibilität und Genauigkeit weit übertrifft. Am 16. November wurde das System mit dem Lothar-Späth-Award ausgezeichnet, der für besonders wegweisende Innovationen vergeben wird.

Bisherige PFAS-Detektionsmethoden, die beispielsweise auf der Infrarotspektroskopie (FTIR) beruhen, stellen unter anderem die Schwierigkeit dar, nicht mobil einsetzbar zu sein. Das bedeutet, dass PFAS-haltige Proben für die Analyse in Messlaboren nur sehr aufwändig vor Ort untersucht werden können. Ein weiteres Problem zeigt sich zudem in der Beschaffenheit der Proben: Die unterschiedlichen Molekülschwingungen, die in den Proben angeregt werden, können überlagert sein, sodass die Auswertung in den FTIR-Analysen nach Energie und Signalstärke nicht ausreichend ist.

Der neu entwickelte PFAS-Tester, im handlichen Handscanner-Format, wird diesen Herausforderungen gerecht. Das Gerät nutzt einen komplexen Messkopf, der Proben durch Infrarot- und Ultraviolettlicht anregt und Signale aufzeichnet, um eine breite Palette von Energiebereichen abzudecken. Dabei werden Rauheitseffekte minimiert, indem der Messkopf reflektierend und diffus in verschiedenen Richtungen zur Oberfläche misst. Zusätzliche Sensoren kompensieren Effekte durch die Probenfarbe. Die Vielfalt der Sensoren erfordert maschinelle Datenverarbeitung mit Tools, die auf Künstlicher Intelligenz beruhen oder auf Machine Learning zurückgreifen. Die integrierte KI-Lösung ist Hardware-technisch codiert und ermöglicht durch Cloud-Anbindung den Einsatz weiterer Algorithmen für eine umfassende Datenbank. Durch geeignete Anpassung des Geräts mit Informationen aus Infrarot- und Röntgenspektren sind nahezu alle PFAS-Verbindungen quantifizierbar.

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Hochtemperaturtribologie bei Abgasbeaufschlagung

20.11.2023

© Fraunhofer IWM 2023
Abb.: Experimentelle Methoden und schematische Darstellung des Atmosphäreneinflusses auf HT-Verschleißverhalten

Tobias König

Durch gestiegene Umwelt- und Effizienzanforderungen nimmt die Komplexität heutiger Verbrennungsmotoren deutlich zu, die mit unterschiedlichsten Betriebsstoffen befeuert werden. Mehrstufige Aufladungen, Abgasrückführungen und -nachbehandlungen führen im Abgasstrang zu einem hohen Regel- und Steueraufwand, weshalb mehrere Klappensysteme und Aktuatoren eingesetzt werden müssen. Die ungeschmierten Lagerstellen dieser Abgasklappen sind kritische Tribosysteme mit hohem Verschleiß, hoher Ausfallwahrscheinlichkeit und geringer Lebensdauer. Innerhalb eines IGF-Forschungsprojekts (IGF-Nr. 21253 N) wurde eine zeit- und kosteneffiziente Qualifizierungsmethodik speziell für diese abgasbeaufschlagten Tribosysteme entwickelt und validiert, die aufwendige Vollmotorversuche ersetzen kann.

Die Qualifizierungsstrategie besteht aus zwei sich ergänzenden Versuchsmethoden (vgl. Abbildung), deren Eignung innerhalb des Projekts durch den Vergleich mit verschlissenen Komponenten aus Feldversuchen überprüft wurde. Zum schnellen und einfachen Werkstoffscreening wurde ein linear reversierender Gleitversuch mit einer Linienkontaktgeometrie eingesetzt. Zur anwendungsnahen tribologischen Prüfung wurde außerdem ein neuer Prüfaufbau entwickelt, der einen Wellen-Buchsen-Kontakt mit anwendungsspezifischen Abmaßen beinhaltet und mit einer realen Abgasatmosphäre beaufschlagt werden kann. Bei der abschließenden Validierung und Bewertung der Strategie durch den Vergleich mit verschlissenen Feldkomponenten wurde eine gute Eignung der Strategie sowie eine hohe Übertragbarkeit der Ergebnisse nachgewiesen. 

König, T.; Kimpel, T.; Kürten, D.; Kailer, A.; Dienwiebel, M., Influence of atmospheres on the friction and wear of cast iron against chromium plated steel at high temperatures, Wear 522 (2023) Art. 204695, 17 Seiten Link

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Energieeffizienz von wassergeschmierten Gleitpaarungen in Pumpen

09.11.2023

© Fraunhofer IWM 2023
Abb.: DLC-Beschichtung keramischer Gleitringe

Dr. Andreas Kailer

Ein wesentlicher Teil des Energieverbrauchs in Pumpen ist auf Reibungsverluste der Gleitlagerungen und Gleitringdichtungen zurückzuführen. Obwohl in den letzten Jahren der Energieverbrauch durch Reibungsoptimierung deutlich reduziert werden konnte, besteht weiterhin Bedarf an neuen Lösungsansätzen zur Reibminimierung und damit Effizienzverbesserung der Pumpen.

Als Lösungsansatz wurden im Rahmen eines vom BMWK geförderten Verbundprojekts der Partner Wilo, EagleBurgmann, SGL Carbon, Oerlikon Balzers und dem Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM so genannte Hart/Weich-Paarungen betrachtet, bei denen eine DLC-beschichtete Gleitkomponente als Axiallager, Radiallager oder Gleitringdichtung mit einem Gegenläufer aus Kohlegrafit kombiniert wird. Im Rahmen des Projekts wurden sowohl DLC-Beschichtungen als auch Grafitwerkstoffe für die Anwendung unter typischen Einsatzbedingungen in Pumpen (für überwiegend wässrige Medien bei erhöhten Temperaturen) entwickelt und tribologisch bewertet.

Die Ergebnisse zur tribologischen Untersuchung der Gleitlager und Gleitringdichtungen zeigen, dass einige DLC-Beschichtungen und Grafitwerkstoffe Verbesserungen im Vergleich zum Stand der Technik ermöglichen. Es gibt Konzepte und erste Ergebnisse für Systemprüfungen, die diese Vorteile ebenfalls zeigen. Eine Herausforderung ist und bleibt allerdings die Langzeitbeständigkeit der Beschichtungen, insbesondere unter hohen tribologischen Beanspruchungen und Medientemperaturen. Hierzu müssen je nach Anwendungsfall maximale Beanspruchungen im Hinblick auf eine geforderte Laufdauer und Stabilität gefunden werden.

Das Projekt »Steigerung der Energieeffizienz von wassergeschmierten Reibpaarungen in Pumpen – EWARP« wird im Rahmen des BMWK-Förderprogramms »Forschung für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung« gefördert (Förderkennzeichen: 03ET1662, Projektlaufzeit: 2019 bis 2023).

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Virtuelles Labor berechnet optimale Zusammensetzung von Schmierstoffen

26.10.2023

© Fraunhofer IWM 2023
Abb.: Atomistische Berechnung der Additivlöslichkeit im Virtuellen Schmierstofflabor.

Prof. Dr. Michael Moseler

Mechanische Lager und Getriebe, wie sie in Elektrofahrzeugen und Windkraftanlagen vorkommen, werden meist mit Schmierstoffen versorgt, um Reibung und Verschleiß zu mindern. Allerdings können an diesen Bauteilen elektrische Spannungen anliegen, die die Funktionsweise der Schmierstoffe so stark beeinträchtigen, dass Schäden an den tribologischen Kontakten entstehen. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM haben im Verbundprojekt »Lube.Life« ein virtuelles Schmierstofflabor entwickelt, mit dem sich die Auswirkungen elektrischer Felder auf die Stabilität von Schmierstoffen vorhersagen lassen. Damit sind maßgeschneiderte Formulierungen neuer Schmiermittel möglich.

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Thermisch hoch belastete Tribokontakte im Gasmotor

25.09.2023

© Fraunhofer IWM 2023
Abb.: Ventilführungsprüfstand mit montierten Proben, Beölung und Temperaturmessung.

Dr. Dominik Kürten, Dr. Andreas Kailer

Die Klimaneutralität der Wirtschaft ist eine große Herausforderung. Bis 2030 sollen 55% der CO2-Emissionen gegenüber 1990 eingespart werden. Um dieses Ziel erreichen zu können, werden Speichertechnologien benötigt, um regenerativ erzeugten Strom zu speichern. Power-to-X bietet hier interessante Lösungsansätze, den erzeugten Strom zu speichern und bei Bedarf erneut in Strom zu wandeln. Für die Rückverstromung werden Gasmotoren eingesetzt, die unterschiedliche regenerative Kraftstoffe flexibel nutzen können. Im Verbundprojekt GESIR (Gasmotoren mit energieeffizienten Systemtechnologien und integraler Robustheit) arbeitet das MikroTribologie Centrum µTC gemeinsam mit Industriepartnern an Lösungen zur Steigerung der Belastbarkeit, Zuverlässigkeit und Lebensdauer von tribologisch höchstbeanspruchten Komponenten in Gasmotoren. Ziel ist es, weitere Verbesserungen des Wirkungsgrads zu ermöglichen und die Emissionen zu reduzieren.

Zu den größten Herausforderungen von Gasmotoren gehören die Schmierungsbedingungen im Bereich der Ventilsitze und -führungen. Durch hohe Temperaturen und geringe Schmierstoffversorgung kann adhäsiver Verschleiß auf den Komponenten entstehen.

Zur anwendungsnahen Untersuchung von Ventilführungen hinsichtlich Reibverhalten und Verschleiß wurden Hochgeschwindigkeits-Oszillationsprüfungen (HOGO) durchgeführt. Der Prüfaufbau ist eine Eigenentwicklung, welche speziell auf die tribologischen Herausforderungen im Ventiltrieb angepasst wurde. So können motorähnliche Bedingungen hinsichtlich Schmierung, Temperatur und Querkräften auf die Ventile eingestellt werden. Für die Versuche werden Komponenten aus dem Motor verwendet. Dies ermöglicht einen direkten Vergleich von Schmierstoffen, Ventilschäften und Führungshülsen auf einer anwendungsnahen Prüfebene. Teure Motorprüfläufe können eingespart werden. 

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Substitution von Hartmetallen durch Keramik – Ressourceneffiziente Gleitlagertechnologie für Pumpen

27.07.2023

© Fraunhofer IWM 2023
Abb.: Wellenhülsen mit verschiedenen Keramikschichten nach der Prüfung in einer Pumpe. Wie auch die Hartmetallschicht (links oben) zeigen die keramischen Schichtoberflächen lediglich leichte Rattermarken und somit keinerlei als kritisch zu wertende Veränderungen.

Dr. Andreas Kailer

In den Bereichen Chemie- und Anlagentechnik (Kraftwerke, Industrie, Gebäude) werden verbreitet Pumpen eingesetzt. Für die dort benötigten mediengeschmierten Gleitlager wird nach Lösungen gesucht, die standardmäßig wolfram-, nickel- und cobalthaltigen Hartmetall­komponenten und -schichten zu ersetzen. In einer vom Land Baden-Württemberg geförderten Zusammenarbeit des Fraunhofer IWM mit dem Institut für Fertigungstechnik keramischer Bauteile IFKB der Universität Stuttgart sowie dem Kompetenzzentrum für Spanende Fertigung KSF der Hochschule Furtwangen wurden keramische Schichten entwickelt, mit denen die heute üblichen wolfram-, nickel- und cobalthaltigen Hartmetalle substituiert werden können.

Am IFKB wurde mit dem Hochgeschwindigkeits-Suspensionsflammspritzen ein Verfahren entwickelt, mit dem keramische Schichten mit hoher Qualität auf metallische Grundkörper aufgebracht werden können (vgl. Abbildung). Damit ist es möglich, Lagerhülsen mit verschiedenen, mehrphasigen Keramiken zu beschichten. Eine weitere fertigungstechnische Herausforderung war die geforderte hohe Maßhaltigkeit der Keramikschichten sowie die gute Oberflächenqualität. Hierzu wurden am KSF für die verschiedenen keramischen Schichtsysteme Bearbeitungsverfahren entwickelt.

Mit tribologischen Bauteilprüfungen wurde gezeigt, dass die keramischen Lagerhülsen hinsichtlich Reibung und Verschleiß mit Hartmetallen vergleichbar oder sogar besser sind. Hierbei zeigte sich gerade im vollständig keramischen System mit einer Gleitpaarung aus einer beschichteten Wellenhülse und einer vollkeramischen Lagerbuchse das vorteilhafte Verhalten im Vergleich zum Referenzzustand: Da die keramischen Oberflächen (im Gegensatz zu Hartmetall) im Gleitkontakt in wässrigen Medien eingeglättet werden, wird ein vorteilhaftes Verhalten mit insgesamt geringem Verschleiß und geringer Reibung erreicht. Auch im Dauerversuch, in einer vom Industriebegleiter HERMETIC-Pumpen GmbH zur Verfügung gestellten Pumpe, erwiesen sich die keramikbeschichteten Lagerhülsen als sehr stabil: Selbst nach jeweils 2.000 An- und Abfahrzyklen, bei denen in der Pumpe die größten tribologischen Beanspruchungen auftreten, wurden auf den Wellenhülsen keinerlei kritische Veränderungen der Beschichtungen festgestellt. Damit ist der Funktionsnachweis dieser Schichten erbracht und es wurde gezeigt, dass diese Schichten tatsächlich Hartmetallschichten ersetzen können.

Gemeinsam mit den Industriebegleitern wurden Möglichkeiten für einen Transfer in Pumpenanwendungen diskutiert. Bei einem solchen Transfer entscheiden neben technischen Vorteilen auch die wirtschaftlichen Aspekte. Vielversprechende Ansatzpunkte hierzu sind jedoch vorhanden.

Die geförderten Partner bedanken sich beim Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg für die finanzielle Unterstützung und interessierte Betreuung des Projekts, sowie bei den Vertretern der Firmen obz innovation gmbh, Voith Turbo, Voith Hydro GmbH & Co. KG, HERMETIC-Pumpen GmbH und ELBE Schleiftechnik GmbH für die intensive Begleitung und Unterstützung des Projekts.

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Die Bildung intermittierender kovalenter Bindungen bei hohem Kontaktdruck begrenzt die sehr geringe Reibung auf epitaktischem Graphen

11.07.2023

© Fraunhofer IWM 2023
Abb.: Graphen (graue Atome in der Mitte der gezeigten Strukturen) auf SiC (schwarz-gelbe Struktur) reibt gegen Siliziumoxid (rot-gelbe Struktur) bei verschiedenen Flächenpressungen. Ab 10 GPa kommt es zur Kaltverschweißung des SiC mit dem SiO2 und die Scherung findet im SiO2 statt, was sich am Geschwindigkeitsprofil (grüne Kurve) ablesen lässt.

Prof. Dr. Michael Moseler

Graphen ist ein ausgezeichnetes Schmiermittel aufgrund der relevanten Eigenschaften zweidimensionaler Materialien: starke Bindungen in der Ebene führen zu hoher Festigkeit und Verschleißfestigkeit. Schwache Wechselwirkungen außerhalb der Ebene sorgen für chemische Inertheit und leichte Scherbarkeit.

Die hervorragenden tribologischen Eigenschaften von Graphen wurden in vielen Experimenten bestätigt, bei denen Graphen als Additiv in flüssigen Schmiermitteln, als Festschmierstoff, Festschmierstoffbeschichtung oder bei Flach-auf-Flach-Kontakten eingesetzt wurde, wo strukturelle Schmierfähigkeit zu sehr geringer Reibung führt. So weist z.B. epitaktisches Graphen auf SiC(0001) aufgrund seiner schwachen Wechselwirkungen mit Gegenkörpern eine sehr geringe Reibung auf. Reibungskraftmikroskopie mit Siliziumspitzen zeigt jedoch einen abrupten Anstieg der Reibung um eine Größenordnung oberhalb eines Schwellenwerts in der Normalkraft, so dass die Reibvorteile von Graphen verloren gehen.

Am MikroTribologie Centrum µTC wurden dichtefunktionalbasierte Tight-Binding-Simulationen durchgeführt, die darauf hindeuten, dass diese hohe Reibung auf einer intermittierenden sp3-Rehybridisierung von Graphen bei einem Kontaktdruck von über 10 GPa beruht (vgl. Abbildung). Gleichzeitig kommt es zur Bildung kovalenter Bindungen mit der Siliziumdioxidoberfläche der Spitze und der darunter liegenden SiC-Grenzschicht, wodurch das ganze System beim Reiben plastisch deformiert werden muss, was die hohe Reibung erklärt. 

[1] Szczefanowicz, B.; Kuwahara, T.; Filleter, T.; Klemenz, A.; Mayrhofer, L.; Bennewitz,  R.; Moseler, M., Formation of intermittent covalent bonds at high contact pressure limits superlow friction on epitaxial graphene, Physical Review Research 5/1 (2023) Art. L012049, 7 Seiten Link

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Über das Einlaufverhalten amorpher Kohlenstoffschichten und deren nanoskaligen Fingerabdruck

06.07.2023

© Fraunhofer IWM 2023
Stribeckkurven nach Einlauf der ta-C-Schichten mit unterschiedlichen Rauheiten nach der Endbearbeitung (a) und Auftragung der resultierenden Reibwerte im Bereich des Minimus der Stribeckkurven über die initiale Spitzenrauheit Spk (b).

Prof. Dr. Matthias Scherge

Die Frage, ob und wie DLC einen tribologischen Einlauf absolviert, hat Joachim Faller in seiner Dissertation beantwortet. Die Ergebnisse finden Sie in Kürze hier.

Die Schrift befasst sich mit dem Einlaufverhalten amorpher Kohlenstoffschichten in einem geschmierten Tribosystem mit einem metallischen Gegenkörper. Es wurde untersucht, inwiefern sich Reibung und Verschleiß in Abhängigkeit von der Abfolge der Belastung und der Endbearbeitung der amorphen Schichten entwickeln. Dazu wurden Versuche in einem Stift-Scheibe-Tribometer mit Echtzeitverschleißmessung (RNT) im Mischreibungszustand durchgeführt. Die Messungen zeigen einen ausgeprägten Einlauf, vergleichbar mit einem Metall-Metall-Tribosystem, der von hoher initialer Belastung profitiert. Für die durch die Endbearbeitung erzielte Rauheit gibt es einen schmalen Korridor, in dem sich kleinste Reibwerte und Verschleißraten einstellen (vgl. Abbildung). Mittels mehrerer Analyseverfahren konnte gezeigt werden, dass der Einlauf zu einer Anreicherung des sp2-Gehalts in der Randzone führt.

 

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Plasmagestützte Nanostrukturierung von Glasabdeckungen nach biologischen Vorbildern

29.06.2023

© Fraunhofer IWM 2023
Abb. 1: Über Plasmaätzen erzeugte Nanostrukturen in Glas. Links über eine CF4/Ar-Mischung, rechts über eine SF6/Ar-Mischung.

Dr. Frank Burmeister

Für viele Anwendungen besteht ein hoher Bedarf an hochtransparenten und medienabweisenden Abdeckscheiben, z.B. für Sensoren und Kameras im Automobilbereich. Aus Gründen der Beständigkeit sollten diese vorzugsweise aus Glas gefertigt werden. In einer aktuellen Kooperation mit einem großen Hersteller von Automobilverglasungen wurde vom Fraunhofer IWM nun eine Alternative zu konventionellen Verfahren wie Antireflex- und Kratzschutzbeschichtungen erforscht. Dazu wurden Floatglasscheiben einem reaktiven HF-Plasma ausgesetzt und über selbstorganisierte Strukturbildung eine Nanostrukturierung der Glasoberfläche erzeugt (vgl. Abbildung 1). Entscheidend dabei war die Kombination von reaktiven Prozessen (über Fluor-Radikale) und physikalischem Sputtern (über Beschuss mit Ar-Ionen). Die erzeugte Struktur ähnelt in ihrer Topografie dem biologischen Vorbild des Flügels des Glasflügelfalters und bewirkt eine effektive und breitbandige Entspiegelung. Über eine Kombination mit einer weiteren Plasmabehandlung mit HMDSO-Precursor konnten die erzeugten Oberflächen wahlweise extrem hydrophil oder hydrophob ausgestaltet werden. 

© Fraunhofer IWM 2023/Saint-Gobain Sekurit Deutschland GmbH
Abb. 2: Reflektionsmessungen vom Projektpartner an drei plasmageätzten Glasscheiben unter verschiedenen Winkeln (links: 8°, Mitte: 60°, rechts: 70°). Man beachte die gegenüber der Referenz (in blau) deutlich verringerte Reflexion unter hohen Winkeln bei 70°.

Eine Besonderheit des Vorhabens bestand darin, dass erstmals versucht wurde, nicht nur Quarzglas, wie oftmals in der Literatur, sondern technisches Floatglas zu strukturieren. Durch die Verwendung SiO2-beschichteter Scheiben ist es gelungen, eine nur schwach wellenlängenabhängige und auch unter großem Betrachtungswinkel wirksame Antireflex-Strukturierung zu erreichen (vgl. Abbildung 2). Damit konnte gegenüber klassischen Antireflexbeschichtungen, die vorwiegend unter einem schmalen Winkel- und Wellenlängenbereich gut wirksam sind, eine wesentliche Verbesserung erreicht werden.

Der erarbeitete Prozess muss noch im Detail weiterentwickelt und validiert werden, zeigt aber jetzt schon ein hohes Potenzial für großtechnische Anwendungen. Die eingesetzten CCP-Plasmen (capacitively coupled) lassen sich leicht aufskalieren. Die Ätzraten von ca. 10 nm/min – 20 nm/min liegen in einem Bereich, der sie für industrielle Fertigungsprozesse mit kurzen Durchlaufzeiten interessant macht. 

 

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Wälz- und Gleitlagerprüfung in Wasserstoffumgebung

30.05.2023

© Fraunhofer IWM 2023
Wälzlagerversuch in reiner Wasserstoffatmosphäre bei 100 bar.

Dr. Dominik Kürten, Maximilian Baur, Dr. Andreas Kailer

Im Zuge der aufkommenden Wasserstoffwirtschaft werden dringend Konzepte benötigt, um tribologische Untersuchungen in Wasserstoffumgebungen durchzuführen. Die Herausforderungen bei der Entwicklung geeigneter Prüfaufbauten sind entsprechend groß, um definierte Gaszusammensetzungen zu erhalten und die Arbeitssicherheit zu gewährleisten. Am MikroTribologie Centrum µTC wurde ein Aufbau zur Prüfung von Wälz- und Gleitlagern in Wasserstoffatmosphäre entwickelt. Dieser besteht aus einer Hochdruckkammer, die mit Wasserstoff bei Drücken von bis zu 300 bar befüllt werden kann. Die Prüfungen können trocken oder geschmiert mit Ölen oder Fetten durchgeführt werden. Eine zusätzliche Temperierung der Prüfkammer ermöglicht Prüftemperaturen bis 200 °C. Im Fall der Wälzlagerprüfung werden zwei Axiallager gegeneinander verspannt eingebaut. Der Prüfaufbau kann dann Kontaktpressungen von bis zu 3 GPa realisieren. Ziel der Versuche ist es, Schmierstoffe, Werkstoffe und Beschichtungen unter anwendungsnahen Bedingungen in Wasserstoffatmosphären hinsichtlich ihrer tribologischen Eigenschaften zu untersuchen. Aufgrund der stark reduzierten Oxidbildung und der Interaktion der tribologischen Oberflächen und des Schmierstoffs mit der Atmosphäre ist grundsätzlich ein anderes tribologisches Verhalten als an Luft zu erwarten. Zusätzlich besteht das Risiko von Versprödungsreaktionen der Werkstoffe infolge der Wasserstoffatmosphäre. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das Auftreten von WEC-Schädigungen bei Wälzlagern aus gewöhnlichen Wälzlagerwerkstoffen wie 100Cr6. Für Wälzlager werden deshalb Lösungsansätze gesucht, um die Lebensdauer der Lager unter Wasserstoffeinfluss zu verbessern.  

 

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Mechanochemische Aktivierung von Anthracen-[4+4]-Cycloaddukten

19.05.2023

© Fraunhofer IWM 2023
Barrieren zur schrittweisen Öffnung der Diels-Alder-Bindungen in Abhängigkeit der äußeren Kräfte.

Dr. Michael Walter, Dr. Dominik Linsler, Prof. Dr. Michael Moseler, Dr. Leonhard Mayrhofer

Die kontrollierte Bildung und Auflösung schwacher chemischer Bindungen ist eine vielseitige Methode, um die Eigenschaften von Materialien zu verändern. Anthracen-[4+4]-Cycloaddukte sind ein Paradebeispiel hierfür, denn sie enthalten Bindungen, welche durch Licht gebildet und durch äußere Kräfte wieder geöffnet werden können. In einem kürzlich veröffentlichten Zeitschriftenbeitrag befassen wir uns mit der theoretischen Beschreibung der Mechanochemie dieser Cycloaddukte. Die dafür standardmäßig angewandte Methode »constraint geometry simulates forces (CoGEF)« versagt aufgrund der fehlenden Berücksichtigung der Temperatur. Eine explizite Einbeziehung externer Kräfte ermöglicht jedoch die Bestimmung der Übergangsbarrieren, welche eindeutig vom Bruch der [4+4]-Interanthracen-Bindungen dominiert werden. Andere Bindungsöffnungen kommen erst bei extrem großen Kräften ins Spiel, die unter Umgebungsbedingungen nicht zu erwarten sind.

Die theoretischen Ergebnisse stehen im Einklang mit der experimentellen Rheologie von [4+4]-gebundenen Anthracenpolymeren. Diese zeigt eine reversible Neubildung von [4+4]-Cycloadditionsbindungen mit UV-Licht nach einem mechanochemischen Bindungsbruch unter Scherbeanspruchung. Der Bindungsbruch wird dabei mechanisch in quervernetzten Polymerstrukturen erzeugt. Im Gegensatz dazu sind linear vernetzende Polymerstrukturen unter Scherung bei tribologischer Belastung stabil. Die Anthracenbindungen in linearen Polymeren / Schmierstoffen können bei Temperaturen über 140 °C oder unter UV-Einstrahlung niedrigerer Wellenlänge jedoch reversibel geöffnet und unter UV-Bestrahlung höherer Wellenlänge erneut vernetzt werden. Die so entstehenden Möglichkeiten eines »programmierbaren Materials« werden im Fraunhofer Cluster of Excellence Programmierbare Materialien CPM für einen in seiner Rheologie reversibel schaltbaren Schmierstoff genutzt. Eine vielversprechende technische Anwendung liegt in der Umformtribologie. 

 

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Skispringen auf Matten auch im Winter?

11.05.2023

© Fraunhofer IWM
Abb. 1: Gefrorenes Wasser auf einer Faser der Matte.

 

Prof. Dr. Matthias Scherge

Im Oktober 2022 gab es einen Anruf vom ARD Sportjournalisten Benjamin Wüst. Im Rahmen der Skisprung-Berichterstattung sollte über das Thema „Mattenspringen auch im Winter!?“ berichtet werden. Der Anlass war das erste Weltcupspringen auf Matten in Wisła, aber auch generell die Klima- und Energiekrise. Nach einem Drehtag beim Mattenhersteller Mr. Snow in Chemnitz und an der Schanze in Steinbach-Hallenberg, erfolgte der Dreh im Schneetribologielabor des MikroTribologie Centrums µTC in Karlsruhe. „Mr. Snow“ hatte uns mehrere Mattenstücke geschickt. Wir hatten diese in unser Reibungsmessgerät eingebaut und auf -10°C vorgekühlt. Vor der Kaltmessung wurde zu Vergleichszwecken die Reibung bei Raumtemperatur gemessen. Danach widmeten wir uns zwei Fragen: „Wie groß ist die Reibung im kalten Zustand?“ und „Würde Schnee auf den Matten halten?“. Durch die Versuche konnten beide Fragen simultan beantwortet werden. Die Reibung war im gekühlten Zustand geringer als bei Raumtemperatur. Als Wasser aus einer Sprühflasche als simulierter Regen auf die Matten auftraf, bildeten sich nahezu instantan kleine Eiskügelchen (siehe Bild), die nochmals die Reibung verringerten und als Andockstelle für den Fall von Neuschnee fungieren sollten. Somit konnte gezeigt werden, dass reibungs- und präparationstechnisch alles in Ordnung ist. Anders als im Sommer müssen die Matten nicht bewässert werden, um kleine Reibung zu erhalten. Natürlicher Schnee verträgt sich gut mit den Matten, so dass man für alle Winterbedingungen optimale Verhältnisse im Aufsprunghügel erzeugen kann.

Den Film kann man derzeit noch in der Mediathek finden.

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Doppelspitze im Geschäftsfeld Tribologie

30.03.2023

© Fraunhofer, Foto: Piotr Banczerowski
Prof. Michael Moseler (links) und Prof. Matthias Scherge (rechts)

Seit dem 1. Januar hat das Geschäftsfeld Tribologie des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM eine Doppelspitze, bestehend aus Prof. Matthias Scherge und Prof. Michael Moseler. Mit dieser Umbildung reagieren wir auf die gestiegenen Mitarbeitendenzahlen des Geschäftsfelds sowie des MikroTribologie Centrums µTC. Letzteres besteht seit seiner Gründung im Jahr 2020 aus 5 Fraunhofer-Gruppen und 3 KIT-Gruppen. Insgesamt sind auf diese Weise ca. 130 Tribologen und Tribologinnen mit spannenden Aufgaben auf dem Gebiet von Reibung, Verschleiß und Schmierung betraut.

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24. internationale Konferenz »Wear of Materials«

09.03.2023

© 2023 Elsevier

Prof. Dr.  Martin Dienwiebel

In zwei Monaten findet die 24. internationale »Wear of Materials« statt. Nachdem die letzte Konferenz nur virtuell abgehalten werden konnte, treffen sich dieses Jahr Expert*innen auf dem Gebiet Verschleiß und Verschleißschutz wieder in Präsenz in Banff, Kanada. Die Konferenzserie, die 1977 von Prof. Ken Ludema ins Leben gerufen wurde, ist die weltweit führende Veranstaltung auf dem Gebiet der Verschleißforschung und präsentiert eingeladene Beiträge und Ergebnisse auf diesem Gebiet. Auch die diesjährige WOM wird mit großer Beteiligung und Vorträgen des MikroTribologie Centrums µTC stattfinden. Dazu gehören ein Keynote Vortrag von Prof. Dr. Christian Greiner, der die Tribooxidation von Kupfer beleuchtet, und ein Beitrag zum Thema Hochtemperaturtribologie.  

Zur Konferenzseite

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Verschleiß von Kohlenstoffnanoröhren in hochbelasteten Kontakten

02.03.2023

© Fraunhofer IWM
Abb. 1: Degeneration einer CNT-Schicht in der atomistischen Simulation. Am Kontakt zwischen zwei CNTs (in der Abbildung markiert) kommt es zu einer lokalen Drucküberhöhung. Die CNTs werden daher bereits bei vergleichsweise niedrigen makroskopischen Drücken geschädigt und die reibungsreduzierende Wirkung der Schicht wird beeinträchtigt.

Dr. Andreas Klemenz

Um Reibung und Verschleiß zu verringern, werden häufig Öle und Fette zur Schmierung verwendet. Bei einigen Anwendungen, wie z. B. der Lebensmittelverarbeitung, können diese jedoch nicht eingesetzt werden. Stattdessen kommen in solchen Fällen oft Trockenschmierstoffe wie Graphit oder MoS2 zum Einsatz. Neben diesen etablierten Materialien können auch Beschichtungen aus Kohlenstoffnanoröhren (Carbon Nanotubes, CNTs) eingesetzt werden. Dies ist jedoch ein relativ neuer Ansatz und das Verhalten von CNT-Beschichtungen unter tribologischer Belastung wurde bisher kaum untersucht. In den vergangenen Jahren wurden derartige Schichten daher mit Hilfe von Experimenten und atomistischen Simulationen in einem Gemeinschaftsprojekt mit der Universität des Saarlandes untersucht.

Neben einer Verringerung der Reibung wurde in den Experimenten beobachtet, dass bereits bei relativ geringen Drücken nach einiger Zeit eine Degeneration der CNTs eintritt und die reibungsmindernde Wirkung der Beschichtungen verloren geht. CNTs weisen eine hohe mechanische Stabilität auf, so dass sich die Frage stellt, warum es überhaupt zu einer Schädigung kommt und über welche Mechanismen sie abläuft. Um diesen Fragen nachzugehen, wurden Beschichtungen von CNTs unter tribologischer Belastung mittels klassischer Molekulardynamik untersucht (Abb. 1). Dabei stellte sich heraus, dass sowohl die Struktur der CNTs selbst, als auch die Struktur der Schichten einen maßgeblichen Einfluss auf das Verschleißverhalten haben. Der Durchmesser und die Anzahl der inneren Wände in einer mehrwandigen CNT bestimmen ihre mechanische Stabilität und damit auch ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber tribologischen Belastungen. Je größer die Anzahl der inneren Wände ist, desto stabiler ist die einzelne CNT. Ein Vergleich zwischen den atomistischen Simulationen und den Experimenten zeigte klar, dass die einzelnen CNTs eine zu hohe mechanische Stabilität besitzen, um den Verschleiß der Schichten mit den Eigenschaften der einzelnen CNTs erklären zu können. Dieser hat seine Ursache stattdessen in der Anordnung der CNTs in den Beschichtungen. Typischerweise haben diese eine relativ offene Struktur, in der die CNTs stark verknäuelt sind. Dies führt dazu, dass an den Kreuzungspunkten der CNTs bereits bei relativ geringen makroskopischen Drücken hohe lokale Drücke anliegen, die ausreichen um die CNTs zu schädigen.

Auf der Basis der Simulationsergebnisse konnten die makroskopischen Drücke berechnet werden, ab denen eine Degradation der CNTs auftreten sollte. Die berechneten Werte wiederum zeigten eine gute Übereinstimmung mit den tatsächlich im Experiment bestimmten Drücken. Darüber hinaus zeigten detaillierte Elektronenmikroskopische Untersuchungen der experimentellen Beschichtungen eine sehr gute Übereinstimmung mit den Vorhersagen des CNT-Schädigungsprozesses aus den Simulationen. Insgesamt ermöglichen die erzielten Ergebnisse ein tieferes Verständnis der Degradationsmechanismen von CNT-Schichten unter tribologischer Belastung.

Weitere Details können der Originalpublikation entnommen werden [1].

[1] MacLucas, T.; Klemenz, A.; Grünewald, P. ; Presser, V.;  Mayrhofer, L.; Moras, G.; Suarez, S.; Dienwiebel, M.; Mücklich, F.; Moseler, M., Multiwall carbon nanotubes for solid lubrication of highly loaded contacts, ACS Applied Materials & Interfaces 6/3 (2023) 1755-1769  Link

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Einfluss chemisorbierter Schmierstofffragmente auf die Trockenreibung zwischen a-C-Oberflächen

14.02.2023

© Fraunhofer IWM
Molekulardynamiksimulationsaufbau, mit dem trockene Reibkontakte zweier amorpher Kohlenstoffoberflächen untersucht wurden (a). Die Oberflächen wurden dabei mit Alkan- und Alkoholketten unterschiedlicher Längen und Dichten passiviert (b). Übernommen aus [1].

Dr. Kerstin Falk, Dr. Thomas Reichenbach, Prof. Dr. Michael Moseler, Dr. Gianpietro Moras

Bei der Modellierung und Simulation von tribologischen Systemen werden meist zwei grundlegende Fälle unterschieden: trockene und geschmierte Kontakte. Die Realität sieht aber oft komplexer aus. Laufen geschmierte Systeme trocken, können Rückstände des Schmiermittels auf den Oberflächen verleiben und diese gar chemisch verändern. In einer neuen Veröffentlichung [1] haben wir den Einfluss solcher chemisorbierter Öl-Schmierstofffragmente auf die Trockenreibung am Beispiel amorpher Kohlenstoffoberflächen (a-C) untersucht. Dafür wurden mittels Molekulardynamik atomistische Tribo-Modellsysteme aus a-C-Gegenkörpern simuliert, auf deren Oberfläche Alkane und Alkohole unterschiedlicher Länge und Dichte chemisch angebunden waren (siehe Abbildung). Die verschiedenen Reibpartner wurden bei 1 GPa Last mit 2 m/s konstanter Geschwindigkeit gegeneinander geschert und die resultierende Reibkraft ermittelt. Mit diesem Ansatz wurde zum Beispiel die Abhängigkeit der Reibung von der Länge der Fragmente und insbesondere von der Oberflächendichte der Fragmente untersucht. Weiterhin wurden auch verschiedene Polaritäten der Molekülfragmente betrachtet.

Dabei zeigte sich, dass die Reibung zwischen den mit Schmierstofffragmenten bedeckten Oberflächen durchweg höher war, als wenn die a-C-Oberflächen schlicht mit atomarem Wasserstoff abgesättigt wurden. Unter allen kettenpassivierten Systemen wiesen diejenigen mit einer sehr hohen Dichte gleich langer Alkanketten die geringste Schubspannung auf. Der Grund hierfür ist, dass durch sehr dicht gepackte Kettenenden vergleichsweise glatte Oberflächen entstehen, zwischen denen kaum Verhakungen stattfinden. Allerdings ist zu erwarten, dass dieses Szenario nur durch gezieltes Oberflächendesign und nicht durch die zufällige Adsorption von tribologisch degradierten Ölmolekülen realisierbar ist. Außerdem ergab sich für die Modellsysteme mit chemisorbierten Alkoholketten im Allgemeinen eine noch etwas höhere Reibung als im jeweils korrespondierenden unpolaren System. Die chemisorbierten Schmierstoffreste sorgen also durchweg für eine höhere Reibung im Vergleich zu den ursprünglichen, atomar glatten und H-terminierten a-C-Oberflächen.

Um diese qualitativen Trends besser zu verstehen, wurde außerdem der durch sterische Wechselwirkungen erzeugte Widerstand gegen die Gleitbewegung semi-quantitativ ausgewertet. Dafür wurde ein Überlappungsparameter definiert, der die atomare Verzahnung der zwei Oberflächen entlang der Gleitrichtung charakterisiert. Es konnte gezeigt werden, dass die Variation der Reibwerte für die verschiedenen Grenzflächenstrukturen gut mit diesem Überlappungsparameter korreliert und somit durch die sterischen Wechselwirkungen erklärt werden kann. Im Falle polarer Schmierstofffragmente stellte sich heraus, dass die Elektrostatik, zusätzlich zur Sterik, die Reibung mitbestimmt. 

[1] Falk, K.; Reichenbach, T.; Gkagkas, K.; Moseler, M.; Moras, G., Relating dry friction to interdigitation of surface passivation species: a molecular dynamics study on amorphous carbon, Materials 15/9 (2022) Art. 3247, 17 Seiten. Link

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Ausnutzung des Einlaufverhaltens von geschmierten PEEK

07.02.2023

© Fraunhofer IWM
Geschmiertes Polyetheretherketon weist bei günstiger Belastung ein vorteilhaftes Einlaufverhalten auf, bei dem ein Anlösen und Transferieren des PEEK und das Spreiten des Schmierstoffs sowie die Bauteilkühlung wirksam sind. a) und b): PEEK wird dabei auf den Stahl übertragen. c): Nahe der Glastemperatur (~150°C) sind die Reibung und der Verschleiß bei angelöster Oberfläche minimal.

Dr. Christof Koplin, Dr. Raimund Jaeger

Polyetheretherketon ist ein Thermoplast, welcher auch bei erhöhten Temperaturen eingesetzt werden kann, bei denen übliche Thermoplasten über ihre mechanischen und thermischen Belastungsgrenzen hinaus beansprucht werden. Mit zunehmender Bedeutung der E-Mobility rückt die Nutzung von PEEK stärker in den Blickpunkt. Widerstandsfähige Lager als auch Zahnräder aus Hochleistungspolymeren ermöglichen ruhigen, schwingungsdämpfenden Betrieb. Für PEEK sind dessen hohe Temperaturbelastbarkeit bei hohem elektrischen Durchschlagsschutz weitere Vorteile. Überdies ermöglicht der Ersatz von metallischen Antriebskomponenten durch Hochleistungsthermoplasten eine Verringerung der CO2-Emission – Thermoplasten sind Leichtbauwerkstoffe und »low carbon materials«.

Unter geeigneten Belastungen können geschmierte PEEK-Stahl-Systeme ein sehr günstiges tribologisches Verhalten zeigen (Abbildung a). Die Verminderung von Reibung und Verschleiß entsteht durch die guten Spreitungseigenschaften von Öl zwischen Stahl und PEEK, die hohe mechanische Belastbarkeit des Kontakts aufgrund der ausbleibenden Überhitzung und den in Folge hoher Pressungen entstehenden dünnen Transferfilm von PEEK auf Stahl (Abbildung b). Der Transfer glättet die Stahloberfläche, unterstützt die Filmbildung der Schmierung und senkt somit signifikant Reibung und Verschleiß. Die Bildung des Transfers kann über eine gezielte Einlaufprozedur erhöht werden, wird über ein Anlösen des PEEKs durch den Schmierstoff verstärkt und entwickelt sich bei Kontakttemperaturen unterhalb der Glastemperatur besonders intensiv (Abbildung c). Welche Schmierstoffe für diese Einlaufprozedur förderlich sind, können wir in einem Screeningverfahren ermitteln.

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