Einfluss chemisorbierter Schmierstofffragmente auf die Trockenreibung zwischen a-C-Oberflächen

14.02.2023

© Fraunhofer IWM
Molekulardynamiksimulationsaufbau, mit dem trockene Reibkontakte zweier amorpher Kohlenstoffoberflächen untersucht wurden (a). Die Oberflächen wurden dabei mit Alkan- und Alkoholketten unterschiedlicher Längen und Dichten passiviert (b). Übernommen aus [1].

Dr. Kerstin Falk, Dr. Thomas Reichenbach, Prof. Dr. Michael Moseler, Dr. Gianpietro Moras

Bei der Modellierung und Simulation von tribologischen Systemen werden meist zwei grundlegende Fälle unterschieden: trockene und geschmierte Kontakte. Die Realität sieht aber oft komplexer aus. Laufen geschmierte Systeme trocken, können Rückstände des Schmiermittels auf den Oberflächen verleiben und diese gar chemisch verändern. In einer neuen Veröffentlichung [1] haben wir den Einfluss solcher chemisorbierter Öl-Schmierstofffragmente auf die Trockenreibung am Beispiel amorpher Kohlenstoffoberflächen (a-C) untersucht. Dafür wurden mittels Molekulardynamik atomistische Tribo-Modellsysteme aus a-C-Gegenkörpern simuliert, auf deren Oberfläche Alkane und Alkohole unterschiedlicher Länge und Dichte chemisch angebunden waren (siehe Abbildung). Die verschiedenen Reibpartner wurden bei 1 GPa Last mit 2 m/s konstanter Geschwindigkeit gegeneinander geschert und die resultierende Reibkraft ermittelt. Mit diesem Ansatz wurde zum Beispiel die Abhängigkeit der Reibung von der Länge der Fragmente und insbesondere von der Oberflächendichte der Fragmente untersucht. Weiterhin wurden auch verschiedene Polaritäten der Molekülfragmente betrachtet.

Dabei zeigte sich, dass die Reibung zwischen den mit Schmierstofffragmenten bedeckten Oberflächen durchweg höher war, als wenn die a-C-Oberflächen schlicht mit atomarem Wasserstoff abgesättigt wurden. Unter allen kettenpassivierten Systemen wiesen diejenigen mit einer sehr hohen Dichte gleich langer Alkanketten die geringste Schubspannung auf. Der Grund hierfür ist, dass durch sehr dicht gepackte Kettenenden vergleichsweise glatte Oberflächen entstehen, zwischen denen kaum Verhakungen stattfinden. Allerdings ist zu erwarten, dass dieses Szenario nur durch gezieltes Oberflächendesign und nicht durch die zufällige Adsorption von tribologisch degradierten Ölmolekülen realisierbar ist. Außerdem ergab sich für die Modellsysteme mit chemisorbierten Alkoholketten im Allgemeinen eine noch etwas höhere Reibung als im jeweils korrespondierenden unpolaren System. Die chemisorbierten Schmierstoffreste sorgen also durchweg für eine höhere Reibung im Vergleich zu den ursprünglichen, atomar glatten und H-terminierten a-C-Oberflächen.

Um diese qualitativen Trends besser zu verstehen, wurde außerdem der durch sterische Wechselwirkungen erzeugte Widerstand gegen die Gleitbewegung semi-quantitativ ausgewertet. Dafür wurde ein Überlappungsparameter definiert, der die atomare Verzahnung der zwei Oberflächen entlang der Gleitrichtung charakterisiert. Es konnte gezeigt werden, dass die Variation der Reibwerte für die verschiedenen Grenzflächenstrukturen gut mit diesem Überlappungsparameter korreliert und somit durch die sterischen Wechselwirkungen erklärt werden kann. Im Falle polarer Schmierstofffragmente stellte sich heraus, dass die Elektrostatik, zusätzlich zur Sterik, die Reibung mitbestimmt. 

[1] Falk, K.; Reichenbach, T.; Gkagkas, K.; Moseler, M.; Moras, G., Relating dry friction to interdigitation of surface passivation species: a molecular dynamics study on amorphous carbon, Materials 15/9 (2022) Art. 3247, 17 Seiten. Link

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