Charakterisierung von Schmierstoffen hinsichtlich der Freisetzung von Wasserstoff im Gleitversuch

© Fraunhofer IWM
Abb. 1: Experimenteller Aufbau zur in situ Bestimmung der tribologisch induzierten Wasserstoffpermeation [2].

Dr. Dominik Kürten, Dr. Andreas Kailer

Wasserstoffversprödung von tribologischen Kontakten ist ein Problem in diversen Anwendungen. Eines der prominentesten Beispiele sind Windkraftanlagen, in denen die Schmierstoffe, Lager- und Getriebekomponenten hohen tribologischen Belastungen ausgesetzt sind. Besonders kritisch ist freier Wasserstoff, der in einer tribochemischen Reaktion direkt an der Lageroberfläche gebildet wird. Zusätzlich können äußere Einflüsse wie beispielsweise Verunreinigungen durch Wasser einen Einfluss auf die Wasserstofffreisetzung im Schmierstoff oder an den Stahloberflächen haben. Die Zusammensetzung der Schmierstoffe und deren Additivierung beeinflusst die Wasserstoffbildung im tribologischen Kontakt.

Um Schmierstoffe zukünftig einfacher und gezielter hinsichtlich der Freisetzung von Wasserstoff charakterisieren zu können, wird am Fraunhofer IWM eine neuartige in situ Messmethode entwickelt. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, die Wasserstofffreisetzung unterschiedlicher Schmierstoffe im reversierenden Gleitversuch zu messen. Dabei können gezielt Schmierstoffformulierungen variiert und hinsichtlich des Risikos zur Wasserstofffreisetzung untersucht werden.

Die Messmethode basiert auf einer elektrochemischen Zelle, welche ursprünglich für Permeationsversuche eingesetzt wurde [1]. In einer Permeationszelle wird der Wasserstoff auf der Beladungsseite durch Elektrolyse gebildet und auf der Oxidationsseite als Strom gemessen. Die beiden Zellen werden durch die Probe, welche aus einer dünnen Stahlplatte besteht getrennt. Für die in situ Wasserstoffmessung im reversierenden Gleitversuch wird eine Oxidationszelle analog zum Permeationsversuch als Messzelle verwendet. Der Wasserstoff wird im geschmierten Gleitversuch (Kugel auf Platte) tribologisch erzeugt. In ersten Vorversuchen wurde das Funktionsprinzip der Zelle bereits demonstriert [2]. Diese Experimente zeigten nach einer kurzen Versuchszeit von ca. 1 Stunde die Freisetzung von Wasserstoff im Reibkontakt. Die Methode bietet somit die Möglichkeit, Schmierstoffe innerhalb überschaubarer Versuchszeiten zu untersuchen und eignet sich gut für das Screening von unterschiedlichen Schmierstoffen.

 

[1] Kürten, D.; Khader, I.; Kailer, A., Determining the effective hydrogen diffusion coefficient in 100Cr6, Materials and Corrosion 71/6 (2020) 918-923 Link

[2] Oberle, N.; Amann, T.; Kürten, D.; Raga, R.; Kailer, A., In-situ-determination of tribologically induced hydrogen permeation using electrochemical methods, Proceedings of the Institution of Mechanical Engineers, Part J: Journal of Engineering Tribology 234/7 (2020) 1027-1034 Link

 

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