Temperaturvariable Eigenspannungsmessung an Schichten zur Bestimmung mechanischer und thermischer Eigenschaften

18.08.2022

© Fraunhofer IWM
Abbildung 1: Typisches Messergebnis an einer nitridischen Hartstoffschicht; jeweils 3 Messzyklen auf Quarzglas (gelb-orange) und Silizium (blaue Kurven). Die intrinsische Schichtspannung beträgt ca. 800 MPa, die Depositionstemperatur lag bei etwa 200 °C.

Dr. Frank Burmeister

In vielen Anwendungen sind mechanische Spannungen in funktionalen Beschichtungen ein immer wiederkehrendes Problem. Diese umfassen im Extremfall auch spannungsinduzierte Schichtrisse, Haftungsprobleme als auch Bauteilverzug. Ein Beispiel für auftretende Probleme bei Bauteilverzug sind hochpräzise Dichtungen für Gase und Flüssigkeiten wie sie z.B. für spezielle Pumpen oder Kupplungen benötigt werden. Diese werden i.d.R. mit Verschleißschutzbeschichtungen wie Titannitrid (TiN) oder Diamantähnlichem Kohlenstoff (DLC) beschichtet. Dabei dürfen sich die Dichtflächen nicht verziehen, um die Dichtheit weiterhin gewährleisten zu können. Für Gasdichtungen werden maximale Bauteilverzüge von höchstens 1 µm toleriert. Auf die Größenverhältnisse umgerechnet hieße das, dass ein Fußballfeld auf der gesamten Spielfeldlänge maximal eine Neigung von 0,5 mm haben dürfte!

Messprinzip, Ergebnisse
Die Standardmethode zur Messung von Schichtspannungen ist die sog. »wafer-curvature«-Methode, bei der die Verwölbung z.B. eines Si-Wafers vor und nach Beschichtung gemessen und nach der Stoney-Formel die Schichtspannung berechnet wird. Diese Methoden erlauben jedoch nicht die Differenzierung der verschiedenen Spannungsbeiträge. Einen deutlichen Mehrwert an Informationen gewinnt man bei der Verwendung von zwei verschiedenen Wafer-Materialien und durch Variation der Messtemperatur. Obwohl diese Methode im Grundsatz schon lange bekannt und einfach durchzuführen ist, hat sie bisher nur wenig Verbreitung gefunden. Zunächst werden zwei Substratmaterialien mit unterschiedlichem CTE ausgewählt, auf ihre Kontur hin vermessen und dann beschichtet. Nach der Beschichtung erfolgt eine erneute Messung, diesmal jedoch bei verschiedenen Temperaturen zwischen RT und ca. 300 °C. Man erhält einen linearen Spannungs-Temperaturverlauf, dessen Steigung von der Differenz der CTEs von Substrat und Schicht bestimmt werden. Am Kreuzungspunkt der Geraden (Abbildung 1) lässt sich sowohl die effektive Beschichtungstemperatur ablesen (dort ist die thermisch induzierte Schichtspannung null) als auch die wahre intrinsische Schichtspannung. Auch evtl. vorhandene Änderungen des CTE der Schicht mit der Temperatur lassen sich so sichtbar machen.

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