Die Kombination von systematischen Versetzungsdynamiksimulationen mit Modellversuchen an hochreinen Kupferkristallen gab Aufschluss über die komplexen elementaren Mechanismen, die in tribologisch belasteten Metallen Reibung und Verschleiß bestimmen

© Fraunhofer IWM

Dr. Christian Greiner, Dr. Johanna Gagel und Prof. Dr. Peter Gumbsch

Bei den dreidimensionalen diskreten Versetzungsdynamiksimulationen wurde ein kugelförmiger Körper über eine glatte Oberfläche eines kubisch flächenzentrierten Einkristalls bewegt. Dabei zeigte sich, dass Versetzungen in zuvor versetzungsfreie Bereiche transportiert werden. Die entscheidende Rolle in diesem Prozess spielt das Spannungsfeld unter der Kugel, da Versetzungen hier eingeschlossen werden und dem Identer folgen. Dieser Vorgang hängt stark von der Orientierung des Kristalls, der Gleitrichtung und dem Burgers-Vektor der Versetzungen ab. Es werden nur Versetzungen auf bestimmten Gleitebenen für den Transport ausgewählt, je nachdem, welche von ihnen die höchsten aufgelösten Schubspannungen erfahren. In den meisten Fällen werden Gleitebenen bevorzugt, die die Gleitrichtung der Kugel enthalten. Die absolute Länge und Tiefe des Versetzungstransports ist eine Funktion der Orientierung der Gleitebene, der Gleitrichtung und der Burgers-Vektoren der transportierten Versetzungen. Diese Versetzungstransportphänomene, insbesondere in Kristallen mit anfänglich niedriger Versetzungsdichte und unter milden Belastungsbedingungen, können der entscheidende Faktor für plastische Veränderungen der Oberflächentopographie sein.

Experimentell, wurde anfangs nur eine einzige Übergleitung einer Saphirkugel auf hochreinem Kupfer durchgeführt. Detaillierte Elektronenmikroskopie des Materials unter der Oberfläche ergab, dass sich Versetzungen unter dem Einfluss des komplexen Spannungsfeldes der sich bewegenden Kugel bereits zu Beginn des Gleitens organisieren. Sie bilden eine horizontale linienähnliche Struktur. Diese Linie befindet sich ungefähr 150 nm unter der Oberfläche und wurde auch bei Variation der Normalkraft, der Anzahl an Übergleitungen, der kristallographischen Orientierung durchgängig beobachtet.

Insbesondere bei einer hohen Anzahl an Übergleitungen wird die tribologische Leistungsfähigkeit vieler Materialien häufig durch Oxidationsphänomene bestimmt. Experimentell wurde gezeigt, dass tribologisch induzierte Oxidation von Kupfer mit der Bildung von amorphen Kupferoxid an der Probenoberfläche beginnt. Einzelne Cluster wachsen zu amorphen Inseln zusammen. Sobald eine kritische Größe erreicht ist und aufgrund der inhärenten thermodynamischen Instabilität des amorphen Materials im Inneren, bilden sich Cu2O-Nanokristalle. Diese Prozesse beruhen höchstwahrscheinlich auf einer Kombination von mechanischen und chemischen Triebkräften.

Das grundlegende Verständnis all dieser elementaren Mechanismen, die auf Grund der hohen Scherung in Metallen unter tribologischer Belastung stattfinden, ist für die zukünftige Entwicklung maßgeschneiderter Werkstoffe von zentraler Bedeutung.

Publikation in Advanced Materials: https://doi.org/10.1002/adma.201806705

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