Triboepitaxie – Kristallwachstum mittels Tribologie

© Fraunhofer IWM
Abb. 1: Die Atome des oberen Kristalls (hier in blau dargestellt) gehen zunächst in eine amorphe Phase über und passen sich dann der Struktur des unteren Kristalls an.

Thomas Reichenbach, Dr. Gianpietro Moras, Prof. Dr. Lars Pastewka, Prof. Dr. Michael Moseler

Silizium ist der wichtigste Werkstoff in der Mikro- und Nanoelektronik. Dennoch ist es nach wie vor mit erheblichem Aufwand verbunden, aus diesem Material kristalline Strukturen mit nanoskaliger Präzision herzustellen. Um Silizium selektiv epitaktisch auf einer Oberfläche aufzuwachsen, muss letztere teuer und zeitaufwändig vorstrukturiert werden, um insbesondere den Ort des Wachstums zu kontrollieren. Eine mechanische Nanolithographie-Methode, in der ein Kristall als „Stift“ verwendet wird, um kristalline Nanolinien auf einem anderen Kristall ganz ohne Vorstrukturierung direkt zu „schreiben“, wäre ein Durchbruch. Basierend auf Molekulardynamik-Simulationen haben Forschende des MikroTribologie Centrums und der Universität Freiburg ein Konzept entwickelt, mit dem sich dies in Zukunft realisieren lassen könnte.

Die atomistischen Simulationen legen offen, dass an Schergrenzflächen zwischen Siliziumkristallen konkurrierende scherinduzierte Amorphisierungs- und Rekristallisierungsprozesse stattfinden. Dieses Wechselspiel führt zur Bildung einer amorphen Schergrenzfläche mit konstanter Dicke, deren Position jedoch dynamisch variiert. Wenn die Scherbelastung der beiden Kristalle entlang unterschiedlicher kristallographischer Richtungen wirkt, kann dies zu einem unidirektionalen Drift der amorphen Grenzfläche führen, sodass der eine Kristall auf Kosten des anderen wächst (siehe Abbildung 1). Die Richtung des Drifts wird dabei durch den Unterschied der elastischen Energiedichten der beiden Kristalle bestimmt. Basierend darauf sollte es möglich sein, mit einer geeignet ausgerichteten, schnell oszillierenden kristallinen Siliziumspitze beliebige kristalline Nanostrukturen auf einen anderen Siliziumkristall zu schreiben.

Die detaillierten Ergebnisse können in der folgenden, kürzlich erschienenen Open-Access Publikation nachgelesen werden:

Reichenbach, T.; Moras, G.; Pastewka, L.; Moseler, M., Solid-phase silicon homoepitaxy via shear-induced amorphization and recrystallization, Physical Review Letters 127/12 (2021) 126101 1-6 Link
 

Link zur Pressemitteilung auf der Seite des Fraunhofer IWM

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