Superniedrige Reibung von a-C:H-Schichten im Vakuum: Passivierungsregime und strukturelle Charakterisierung der Gleitflächen

11.11.2022

© Fraunhofer IWM

Prof. Dr. Michael Moseler

Wasserstoffhaltiger amorpher Kohlenstoff (a-C:H) ist eine der technologisch wichtigsten Varianten von diamant-ähnlichem Kohlenstoff (DLC). Ein auffälliges tribologisches Merkmal von a-C:Hs ist die Supraschmierfähigkeit (Reibungskoeffizient µ<0,01) in Ultrahochvakuum (UHV) und trockenen Gasumgebungen ohne Schmieröle. Neueste atomistischen Simulationen des µTC ermöglicht Einblicke auf atomarer Ebene in die chemische Struktur von supragleitfähigen a-C:H-Schichten. Ausgedehnte quantenmolekulardynamische Schersimulationen liefern eine Struktur-Eigenschafts-Karte der Reibungsregime, die das Trockengleiten von a-C:H charakterisieren (siehe a in Abbildung). Gemäß dieser Rechnungen werden Scherspannungen und strukturelle Eigenschaften an den Gleitflächen entscheidend durch den Wasserstoffgehalt CH in der Scherzone der a-C:H-Schicht bestimmt. Extrem kleine CH (unter 3 at.%) verursachen Kaltverschweißung, mechanische Vermischung und hohe Reibung (b in Abbildung). Bei mittleren CH-Werten (im Bereich von etwa 3 bis 20 at.%) bleibt Kaltverschweißung in Kombination mit mechanischer Vermischung der vorherrschende Gleitmodus, aber bei einigen a-C:H-Proben findet eine Aromatisierung statt (c in Abbildung), die zu einer supraschmierfähigen Gleitfläche führt. Ein weiterer Anstieg von CH (über 20 at.%) verhindert das Kaltverschweißen vollständig und ändert den Schmiermechanismus von der Aromatisierung zur Wasserstoffpassivierung (d und e in Abbildung).

Die wasserstoffpassivierten Oberflächen bestehen aus kurzen Kohlenwasserstoffketten, was auf eine tribo-induzierte Oligomerisierungsreaktion hindeutet. Begleitende Röntgenphotoelektronen- und Auger-Elektronenspektroskopie (XPS, XAES) wurden am LTDS in Lyon durchgeführt. Sie klären die strukturellen Veränderungen während des Vakuumgleitens eines wasserstoffreichen a-C:H-Schicht auf. Zu Beginn ist das a-C:H von einer nanometerdicken wasserstoffarmen Oberflächenschicht bedeckt. Nach einer kurzen Einlaufphase, die zu einer Wasserstoffakkumulation führt, stellt sich Supraschmierung ein. XPS und XAES deuten auf eine nichtaromatische 1-2 nm dicke Oberflächenschicht mit polyethylenähnlicher Zusammensetzung hin - in Übereinstimmung mit unseren Simulationen.

 

Siehe auch T.Kuwahara et al. MDPI Coatings 11, 1069 (2021) 

nach oben