Programmierbare Reibung

© Fraunhofer IWM

Felix Gatti

Elektrochemische Potenziale beeinflussen tribologische Wechselwirkungen. Durch den Einsatz oberflächenaktiver ionischer Flüssigkeiten (ILs) können die Reibungs- und Verschleißeigenschaften auf der Makroskala über elektrische Potenziale kontrolliert werden. In nanotribologischen Untersuchungen wurde bereits eine reversible Schaltbarkeit des Reibungskoeffizienten nachgewiesen.[1] Als Mechanismen wurden die Veränderung der Oberflächenenergie des Substrats, die Adsorption von Molekülen und die daraus resultierende Strukturbildung auf der Oberfläche identifiziert.[2] Im Gegensatz zur Nanoskala sind diese Mechanismen bei makroskopischen Reibungskontakten praktisch unerforscht. In vorangegangenen Arbeiten am MikroTribologie Centrum (µTC) wurden Reibung und Verschleiß durch extern[3,4] und galvanisch[5] induzierte Potenziale bei wässrigen Gemischen mit 1% IL gezielt verändert.

Das makroskopische Reibungsverhalten verschiedener ILs auf 100Cr6 Stahl wurde in einem rotierenden Kugel-auf-3-Stifte-Experiment an elektrochemischen Potentialen untersucht (Bild1). Bei anodischem Potential erhöht sich der Reibungskoeffizient um bis zu 45 %. Im Gegensatz dazu reduziert die kathodische Polarisation den Reibungskoeffizienten um etwa 10 % gegenüber dem unpolarisierten Zustand. Durch die strukturabhängige Interaktion der Moleküle auf dem Substrat konnte eine starke Struktur-Eigenschaftsbeziehung nachgewiesen werden. ILs reagieren auch reversibel mit dem Stahl bei bestimmten elektrischen Potentialen, wodurch die tribologischen Wechselwirkungen und damit der Reibwert wiederholt eingestellt werden.

In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass die Reibung auch auf der Makroskala durch elektrochemische Potenziale in einem relativ großen Bereich reversibel verändert werden kann. Durch die Kombination von Reibwertmessung und Potentialregelung kann ein System entwickelt werden, das sich automatisch an äußere Einflüsse anpasst und einen vorgegebenen Reibwert stabil hält oder reversibel verändert.

[1]        E. Strelcov, et al. Sci. Rep. (2015) 5, 8049. 
[2]        H.-W. Cheng, et al. Sci. Rep. (2016) 6, 30058.
[3]        T. Amann, et al. Key Engin. Mat. (2016) 674, 250-256.
[4]        C.Dold, et al. Phys. Chem. Chem. Phys. (2015) 16, 10339-10342.
[5]        T. Amann, et al. Friction (2018) 6, 230.

Weitere Informationen und Kontakt:

Diese Arbeit entstand im Fraunhofer Cluster of Excellence Programmierbare Materialien.


Felix Gatti, Tribologie | Verschleißschutz, Technische Keramik, Fraunhofer IWM,
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