DLC-Schichten: »Dritter Körper« sorgt für gutes Reibverhalten

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Abb. 1: Prinzipskizze des Vakuumtribometers, ausgestattet mit einem Quadrupol Massenspektrometer und separater Gaszuführung.

Bernhard Blug

Die Analyse fester Verschleißpartikel und Reaktionsprodukte im tribologischen Kontakt (mit RNT, Raman- oder IR-Spektroskopie) hilft nur bedingt bei der Aufklärung aller relevanten tribochemischen Mechanismen, die bestimmend sind für Reibwert, Verschleiß, Schmierstoffwechselwirkungen und das Einlaufverhalten von Tribosystemen. Zusätzlich spielen die unter Last entstehenden gasförmigen Reaktionsprodukte eine entscheidende Rolle, durch deren Detektion eine exaktere Beschreibung des tribologischen Verhaltens beispielsweise von Beschichtungen und Schmierstoffen möglich ist. Am Fraunhofer IWM steht eine Methode zur Verfügung, bei der gasförmige Reaktionsprodukte aus dem Reibkontakt mittels Massenspektrometrie im Vakuumtribometer untersucht und quantifiziert werden können (Abbildung 1). Dabei ist es möglich, im trockenen und geschmierten Zustand sowie mit verschiedenen Atmosphärenzuständen zu arbeiten, indem beliebige Gase mit definiertem Fluss zugeführt werden.

Zur Anwendung kam dieser Messaufbau im DFG-Projekt »CO-Schicht«. Das Ziel des Projekts war, die mikrostrukturelle Schädigung von DLC-Schichtsystemen (a-C:H) auf unterschiedlichen Substratzuständen zu untersuchen. Dabei haben wir die Oberflächen vor der Beschichtung unterschiedlich stark aufgeraut und die Schichten anschließend mechanisch und tribologisch charakterisiert. Die Veränderung der Tribochemie durch die Oberflächenstrukturierung konnten wir mit dem beschriebenen Vakuumtribometer untersuchen.

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Abb. 2: Reibwert der mit DLC beschichteten Substrate als Funktion der Zeit für verschiedene Oberflächenzustände bei einer Last von 15 N und einer Geschwindigkeit von 1 m/s im ungeschmierten Kontakt (Kugel auf Scheibe, oben); integriertes Messsignal des Massenspektrometers (Partialdruck) für die detektierte Verbindung H 2 +(unten).

Gasförmige Reaktionsprodukte aus dem Reibkontakt Stahl auf DLC

Im Fokus stand dabei die Detektion der Reaktionsprodukte aus der Schicht, die hauptsächlich aus Wasserstoff, aber zum Teil auch aus kurzkettigen Kohlenwasserstoffen (CH2, CH4) bestehen. Im Reibkontakt bilden sich durch die Pressung zwischen den Kontaktpartnern und die lokal sehr hohen Temperaturen reaktive Bindungen, sogenannte »dangling bonds«, die im Vakuum nicht so schnell abgesättigt werden können wie unter Normaldruck. Dadurch kommt es insbesondere bei niedrigen Lasten zu einer hohen adhäsiven Anbindung zum Gegenkörper, die unter der Reibbewegung zum Lösen des in der Schicht gebundenen Wasserstoffs führt. Dabei kann ein verstärktes Ausgasen von Wasserstoff aus der Schicht beobachtet werden, schon bevor messbarer Verschleiß von Partikeln auftritt.

Zusammenhang gasförmiger Reaktionsprodukte mit dem Reibwert

Im ersten Schritt konnten wir zeigen, dass das Einlaufverhalten der untersuchten Schichten durch die Strukturierung deutlich verändert werden kann (Abbildung 2 oben). Die rauen Oberflächen besitzen zu Beginn der tribologischen Belastung einen im Vergleich zur polierten Probe (Ra = 0,01 µm) hohen Reibwert. Allerdings konnten wir hier ein Einlaufverhalten beobachten, nach dem der Reibwert deutlich unter dem der polierten Probe lag. Der Grund dafür ist, dass die Kontaktfläche mit steigender Rauheit sinkt und somit die Spannungen im Kontakt, besonders an Asperiten, deutlich erhöht sind. Das führt zu Verschleiß am Gegenkörper und zum Abbrechen der Rauheitsspitzen, also zu Partikelverschleiß. Dieser führt unter verstärkter Ausgasung von Wasserstoff (beziehungsweise CH2 und CH4) im Einlaufbereich (Abbildung 2 unten) zu einem Schichtübertrag auf den Gegenkörper. Sobald dieser erfolgt ist, sinken der Reibwert und der Gehalt an ausgasendem Wasserstoff deutlich. Im Gegensatz dazu konnten auf der polierten Oberfläche kein Verschleiß der Schicht und nur ein geringer Verschleiß des Gegenkörpers gemessen werden, während die Menge an ausgasendem Wasserstoff konstant hoch lag und zum Ende des Versuchs größer war als bei den strukturierten Proben. Untersuchungen mittels Ramanspektroskopie

ergaben, dass dies mit einer oberflächennahen Änderung der Schichtstruktur einhergeht, die allein nicht zu einer Änderung des Reibwerts führt, wie Abbildung 2 zeigt.

Das lässt die Schlussfolgerung zu, dass nicht die strukturelle Umwandlung der DLC-Schichten unter tribologischer Belastung für das außerordentlich gute Reibverhalten verantwortlich ist, sondern die Ausbildung einer graphitischen Zwischenschicht, die als sogenannter »dritter Körper« verstanden werden kann.

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Abb. 3: Aufnahmen der drei untersuchten DLC-Schichten mit dem Rasterkraftmikroskop.

Verwertbarkeit der Ergebnisse

Die große Stärke der Gruppe »Tribologische Schichtsysteme« ist dabei, dass neben der Beschichtungstechnik (Anlagenbau, Prozessanalytik, Schichteigenschaften) auch die Substratvorbereitung (Oberflächenstrukturierung) und die mechanische sowie tribologische Charakterisierung (Schichtanalytik) zum Portfolio gehören, sodass die Bearbeitungshistorie von Bauteilen in jedem Einzelschritt bekannt ist. So lassen sich akkurate Analysen durchführen und grundlegende Zusammenhänge finden.

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